Sonntag, 23. Februar 2014

26 Games - Perfect Dark


Diese Woche wieder einen Beitrag zur Aktion "26 Games" des Blogs "Arrcade". Es ist der Buchstabe "P" dran.
"Wie hast du den Sommer des Jahres 2000 verbracht?"  Ich könnte jetzt sagen, dass ich im Urlaub an der niederländisch-belgischen Grenze, bzw. am Meer war. Die Nerd-Ehre gebietet es jedoch auch, zu ergänzen:  "Hauptsächlich Perfect Dark gezockt" (ich hatte mein N64 tatsächlich mit in den Urlaub genommen). Perfect Dark war eines der späteren N64 Module, in welchem die legendären Entwickler von "Rare" dementsprechend das Prinzip des Konsolen-Egoshooters "Goldeneye 007" vollendeten. Was war am Vorgänger Goldeneye so besonderes? Für sogenannte "Konsoleros" war es noch vor dem Halo-Boom der Einblick in spaßige Egoshooter Multiplayerschlachten, die zuvor nur PCler von Doom, Quake und co. kannten. Naja, in diesem Fall in bescheidenem Rahmen, mit Splitscreen auf der Glotze, 1-4 Spieler. Und das war nur die Dreingabe zu einem durchaus gelungenen, fordernden Singleplayer mit eleganter Steuerung, sattem Sound, befriedigendem "Gunplay" und für 97er Verhältnisse toller Grafik. Aber halt, nicht zuviele Worte drüber verlieren, das Spiel ist schließlich immer noch indiziert und es geht hier ja um den spirituellen Nachfolger "Perfect Dark". Auf den ersten Blick kann man die beiden Agentenshooter schon mal verwechseln, denn im Grunde hat man das Gameplay der Bond-Versoftung leicht modifiziert auf eine Science-Fiction Geschichte gepappt und den (mal wieder außerhalb von Cutscenes nur in Form einer rechten Hand samt Waffe verkörperten) Protagonisten durch eine Dame ersetzt. Dark, Joanna Dark. Frau Dark hat sich als Geheimagentin gar so sehr bewährt, dass sie den Codenamen "Perfect Dark" tragen darf. Außerdem besitzt sie einen schnieken britischen Akzent, der sie wie eine amoklaufende Stewardness wirken lässt. 

Rare hat die Aufteilung der Spielumgebung in einzelne "Levels", separat im Menü anwählbare Missionen, von Goldeneye übernommen aber diesmal ein eigenes Szenario kreiert, in dessen Zentrum eine Verschwörungsgeschichte um Männer in Anzügen und Undercover-Alieninvasionen steht. Joanna Dark arbeitet für das Carrington Institut (hier als Tutorialumgebung dienlich), das um Kontaktaufnahme und freundschaftliche Beziehungen zu den "grauen" Maian-Aliens bemüht ist. Auf der anderen Seite steht der superböse Konzern dataDyne, der einen Deal mit einer etwas aggressiveren Spezies geschlossen hat. Gleich in der ersten Missionen darf daher auch der Wolkenkratzer des Konzerns gehörig aufgemischt werden - pardon - infiltriert. Als Erbe von Bond muss natürlich hin und wieder subtil vorgegangen werden. Aber wie schon bei Goldeneye endet sehr oft alles im progressiven Feuergefecht einer Ära lange vor dem "duck and cover" Deckungsshooter. Taktisches Vorgehen ist dennoch wichtig und die komplex angelegten Levels belohnen den Entdeckerdrang, wie es im cinematischen Shooter heutzutage seltener geworden ist. Auffällig ist auch der Mangel an visueller Information, die Missionsziele betreffend. Statt einem bequemen Radar, das den Spieler direkt zum nächsten Hotspot leitet, muss hier noch selber gesucht werden, eine Karte gibt es nicht. Obwohl sich die K.I. der Gegner in Grenzen hält, liefert Perfect Dark konstante Herausforderung, so hat Rare wie schon im Vorgänger eine sehr tolle Methode, den Schwierigkeitsgrad zu regulieren, indem nämlich Zusatzmissionsziele zum Stapel der Aufgaben nach und nach hinzukommen. Um einige im höchsten Schwierigkeitsgrad zu bewältigen und gleichzeitig Horden von Gegnern vom Hals zu halten, bedarf es hoher Frustrationstoleranz. Wer bestimmte Level in einer Rekordzeit bewältigt, kann gleichzeitig wie schon in Goldeneye bestimmte Cheatcodes freischalten. Rare hat hiermit gleich auch einen Anreiz für die später immer populärer werdenden Speedruns im Videospiel geschaffen. Jedes Level ist visuell und spielerisch abwechslungsreich gestaltet: Cyberpunk-Strassengassen nach Art von Bladerunner und Deus Ex, die luxuriöse Privatvilla unseres Chefs, eine Unterwasserstation, Schneelandschaften, ein Alienraumschiff, alles was ein Shooter so zum austoben braucht.
Grafisch hat sich seit dem 3 Jahre älteren Goldeneye einiges getan. Neben einer höheren Auswahl an Texturen, allerdings durch Nintendo 64-Technologie immer noch recht matschig geraten, gibt es autonome Lichtquellen, die man erstmals auch zerschießen und Areale damit abdunkeln kann. Perfect Dark machte als eines von wenigen Spielen auch optionalen Gebrauch des Nintendo 64 Expansion Packs, einer bescheidenen RAM-Erweiterung, die für "hochauflösende" (640x480) Grafik sorgte, was in Perfect Dark aber gleichzeitig auch auf Kosten der Framerate geht. Die ohrwurmige Musikuntermalung geht wie schon in Goldeneye oder Donkey Kong 64 aufs Konto von Grant Kirkhope und ist eigentlich eine eigene CD wert - Soundtracks waren ebenfalls immer eine Stärke von Rare in ihren goldenen Zeiten.

Für ein Spiel mit Solo-Analogstick Steuerung, also dem Prä-Halo Zeitalter entsprungen, ist Perfect Dark gar nicht mal so schlecht gealtert, abseits der Grafik. Es ist ein buntes... äh... dunkles Paket voller Spielspaß und beinhaltet nebenbei einige der interessantesten Waffen der Egoshootergeschichte, von denen sich all die langweiligen Sturmgewehre der Gegenwart mal wieder inspirieren lassen könnten. So gut wie jede Waffe bietet eine interessante Sekundärfunktion. Explosivmunition - check. Eine Waffe, die als entsicherte Annäherungsmine auf dem Boden platziert werden kann - check. Ein als Laptop getarntes Gewehr, das gleichzeitig als Selbstschusswaffe an Wände geklatscht werden darf (auch im Multiplayer sehr fies!) und natürlich eine fiese Alienrailgun, die durch fast alle Wände des Levels zu schießen vermag - Doppelmegaperfectdarkcheck.

Auch wenn die Hintergrundgeschichte "cheesy" und die Synchronsprecher nicht mehr wirklich up to date sind, ist eine Multiplayerparty immer noch eine superspaßige Angelegenheit und lässt staunen, wieviele interessante Optionen es bereits im Jahr 2000 schon möglich waren. Waffen, Musik, Levels, spezielle Challenges lassen sich im separaten Mehrspielersplitscreenmodus je nach Gusto einstellen. Und wer schon alles in der Solokampagne gemeistert hat, darf sich gerne an den sogenannten "Sims" versuchen. Anders als die gleichnamigen virtuellen Puppenhausbewohner von EA sind Sims als KI-Gegner im Multiplayer von Perfect Dark das polygongewordene Böse. Nehmen wir mal die von mir verhasste Challenge 18. Kleine Alien-Bots mit unmenschlichen Aiming-Fähigkeiten, sie verfolgen mich in meinen Träumen... Bis heute wartet dieser Modus darauf, abgeschlossen zu werden. So entstehen Legenden... 

Perfect Dark ist ein Highlight des Konsolenshooters, ein Must Have Titel einer vergangenen Epoche. Spieleschmiede Rare hat danach noch Werke wie Banjo-Tooie, Conker's Bad Fur Day oder Starfox Adventures herausgebracht, bevor dann bei Nintendo nix mehr lief und man bei Microsoft mehr oder weniger schnell verendete. Perfect Dark hat es zum richtigen Franchise kaum geschafft - lediglich ein Prequel wurde in Form von "Perfect Dark Zero" für die frühe  Xbox 360 gebastelt, ohne den gleichen "Impact" zu haben. Schade. So bleiben zumindest die höchst subjektiven, nostalgisch verklärten Erinnerungen an einige der spaßigsten Multiplayernachmittage ever.

 Schauen wir mal in ein "Let's Play" zum Spiel:

Sonntag, 16. Februar 2014

26 Games - "O" wie Odin Sphere


Der Games-Blog "Arrcade" hat immer noch die Aktion "26 Games" am Laufen. Also jede Woche ein anderer Buchstabe des Alphabets, der mit mehr oder weniger sinnvollem Textmaterial und Anekdötchen zu Videospielen gefüllt werden darf.
Ich steige mal bei "O" ein, nicht unbedingt der einfachste Buchstabe.
 
O wie "Odin Sphere". Ich würde lieber eine Lobeshymne auf das vielgepriesene Action Adventure "Okami" verfassen, stattdessen schiebe ich jedoch meine "Hassliebe" zu einem wunderhübsch anzusehenden Spiel vor: Odin Sphere. Einer meiner ersten Blogeinträge widmete sich dem Neukauf dieses Titels - und bis heute habe ich das Spiel leider nicht beendet.
2007, genau wie Okami, im Herbst des Konsolenlebens der Playstation 2 erschienen (und in Europa erst knapp ein Jahr später im März 2008), ist Odin Sphere ein 2D-Action Adventure-Rpg-Mix, bei dem Action durchaus groß geschrieben wird. Die kreativen Köpfe dahinter sind die japanischen Entwickler von Vanillaware ("Grim Grimoire", "Muramasa"), deren Markenzeichen weniger ein bestimmtes Spielprinzip als vielmehr ein liebevoll handgezeichnete Look mit definitivem Wiedererkennungswert darstellt. Im Design-Exzess kann das schon mal zu Sexismusdebatten führen, wie in Vanillawares letztem Werk "Dragon's Crown", das letztes Jahr erschien und durch die extrem überzeichneten Animefiguren auffiel: Hexe, Barbarin, Krieger - gewaltige Schenkel und massive Brüste. Odin Sphere ist demgegenüber noch eher zahm und familienfreundlich, allerdings mit einer gar nicht so naiv erzählten Geschichte.

                   Odin Sphere Trailer:
                  

Der erste Eindruck vom Spiel ist zunächst einmal der eines kunterbunten 2D-Adventures, ohne grobe Pixel aber dafür mit fein animierten, den Bildschirmausschnitt großzügig einnehmenden "Sprites", also Spielfiguren. Derer gibt es fünf. Fünf Protagonisten, deren Geschichten nacheinander erzählt werden, mit untereinander verflochtenen, gar nicht so unkomplexen Handlungssträngen. In der (nicht nur aus nordischen Mythen lose zusammengepuzzelten) Märchenwelt Erion ist zwar alles bonbonbunt, aber es herrscht ein brutaler Krieg zwischen dem Königreich Ragnanival unter dem Dämonenkönig Odin und dem Feenreich Ringford. Auf der Jagd nach einem sagenhaften magischen Kessel schickt uns das Spiel zunächst in der Rolle der Walküre Gwendolyn, Tochter des Odin, aufs Schlachtfeld. Später ebenfalls spielbar, und mit anders zu handhabenden Waffen ausgerüstet,  sind der verwandelte Prinz Cornelius, die Feenprinzessin Mercedes, die mysteriöse Velvet und der Schattenritter Oswald. Alle liebevoll im Anime-Stil gestaltet, versteht sich.

Schnell erlernt ist das Kern-Gameplay von Odin Sphere, das sich in erster Linie nach Brawler-Tradition durch den Kampf in 2D-Arenen definiert. Mit der Viereck-Taste wird angegriffen, mit dem Gedrückthalten selbiger geblockt, Spezialattacken über "Dreieck" entfesselt. Viel steckt nicht dahinter, was das Gerangel mit Elfen, Rittern, Untoten aber nicht einfacher macht. Was Odin Sphere besonders ausführlich ausbreitet, ist ein Item-Management- und Alchemiesystem, dessen Nutzung zur Charakterentwicklung unumgänglich ist - hier zeigt sich auch der inhärente RPG-Anteil. Jeder Gegner hinterlässt sogenannte Phosonen, die absorbiert werden können, um z.B. die Waffenstärke zu pushen. Die andere Verwendung dieser durchs Feld schwebenden EXP.-Punkte findet sich beispielsweise in Obstsamen, die man hoffentlich im Inventar bereit hält. 
Verwundet im Kampf? Was gibt es da entspannenderes, als erst einmal den Feindesklüngel zu ignorieren und einen kleinen Apfelbaum zu züchten? Denn aus dem gepflanzten Samen wächst schnell eine Pflanze mit mehreren Früchten, so sie denn die Phosonen der Gegner absorbiert hat. Werden die Früchte dann verzehrt (pflücken, bevor sie vergären!), kann unter anderem die Lebensenergie aufgefüllt werden, wobei als positiver Nebeneffekt gleich auch Maximalenergie steigt. Mampfen fürs Level up. Viele verzehrte Früchte hinterlassen zudem auch Obstkerne, die wiederum erneut eingepflanzt werden können. Schnell kommt es dadurch jedoch zu einem Bruch in der Spieldynamik, hervorgerufen durch Item-Menü-Herumgewurschtel mitten in Kampfsituationen. Und die Kämpfe haben es in sich, denn Hit and Run-Taktiken sind gegenüber wildem Button-Mashing definitiv vorzuziehen. Zwischen den Klopp-Arenen geht es immer wieder auch in ruhigere Areale, in denen gepflegte Konversation (wahlweise japanische oder englische Sprachausgabe) oder Shopping angesagt ist. Zudem können zum schnellen Aufstieg raffiniertere Rezepte im Café/Restaurant ausprobiert werden.
Ich sprach von 2D-"Arenen". Und hier liegt ein Schwachpunkt von Odin Sphere, seine Spielarchitektur, die praktisch nur eine doppelte Illusion darstellt. Leider ist die anfängliche Augenweide der einzelnen Stages in gewisser Weise eine Mogelpackung. Der Weg zum Boss und zur Fortführung der 2D-Echtzeit Zwischensequenzen führt über ein Netz von einzelnen, kreisförmig angelegten Arealen. Das bedeutet, bewegt man sich zum rechten Bildschirmrand hin, vervollständigt sich das Panorama irgendwann wieder. Dieser "Teufelskreis" ist nun gefüllt mit Feinden, deren rasche Beseitigung entsprechend hohe Schulnotenwertungen und damit immer bessere Belohnungen mit sich bringt. Zwar sind diese Arenen und die Sprites, die sie bevölkern, hübsch anzuschauen, aber nach wenigen Minuten hat man grafisch schon jede Ecke eines Levels gesehen. Bildschöne Monotonie. Für ein Action-Adventure wird hier sehr wenig erkundet. Ist Super Mario ein Wanderurlaub, so erinnert Odin Spheres Spielumgebung an Theaterbühnen, lediglich Schaubühnen für das pathosreiche Treiben seiner Figuren. Gleichzeitig sind die Figuren wiederum so schön groß und detailliert, dass sie den Bildausschnitt in einer Weise einnehmen, unter der die Übersichtlichkeit leidet. Darum gibt es am oberen Bildschirmrand eine Art Radar auf dem die Position von Avatar und Gegnern angezeigt wird - Allzuoft rennt man durch Ignorieren desselbigen in Drachenfeuer und andere Übel. Eine nicht sehr stilvolle Lösung, leider.

Darum mein Hadern mit Odin Sphere: Um die Geschichte zu erfahren, muss man sich erst durch viele, viele Stunden monotones, von Wiederholung gezeichnetes Gekloppe mit noch mehr Item-Handel und Gezüchte in langweiliger Kulisse arbeiten. Immerhin lassen sich die bisherigen Story-Sequenzen jederzeit erneut anschauen - so besteht auch für mich noch Hoffnung, nach mittlerweile fast sechs Jahren die Geschichte noch einmal zu einem Ende zu bringen.
Odin Sphere, für viele als Geheimtipp, als vergessene Spieleperle auf der PS2 gehandelt, für mich eher ein wenig überschätzt, hat dennoch seine Tugenden. Die epische, von verschiedenen Perspektiven beleuchtete Geschichte, die phantasievoll gestalteten und fein animierten Figuren und ein grandioser Soundtrack von Final Fantasy Tactics-Composer Hitoshi Sakimoto machen Odin Sphere zu einem doch sehr ungeschliffenen Edelstein der PS2-Spielografie. 

Ps.: Die deutschen Publisher Atlus bzw. Square-Enix dachten übrigens nicht daran, zu kleckern, sondern klotzten auf der Rückseite der Spielepackung: "Ein wahres Meisterwerk, ein Fest der Sinne, ein visuelles Erlebnis: Der Traum aller Spieler, der nur selten auf solch berauschende Weise Verwirklichung findet."

Freitag, 7. Februar 2014

Games-Rezension: "Borderlands 2 - Game of the Year Edition"

Für "CT das radio" ist auch noch ein Beitrag zum Ödland-Waffenfetisch-Coop Spaß Borderlands 2 entstanden: